Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden W. Bogedain anläßlich der Verabschiedung des Haushalts 2009 in der Ratssitzung am 31.03.2009
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Haushalt 2009 wird der letzte Haushalt sein, den der amtierende Rat zu verabschieden hat. In den knapp 20 Jahren, die ich dem Rat angehöre, war keine Ratsperiode so massiv von Haushaltsfragen und –problemen behaftet wie die jetzt zu Ende gehende Amtszeit. Nach erheblichen Steuerausfällen, die uns in Kempen erstmals in die Haushaltssicherung führten, erholte sich die finanzielle Situation zu unserer Freude innerhalb kürzester Zeit dank des wirtschaftlichen Aufschwungs und deutlich gestiegener Gewerbesteuereinnahmen so sehr, dass wir die Haushaltssicherung schon Ende letzten Jahres sehr viel früher als erwartet verlassen konnten. Schon recht früh zeichnete sich ab, dass das Haushaltsjahr 2008 mit einem satten Überschuss abschließen werde. Der zu erwartende deutliche Überschuss nährte die Hoffnung, nach mehreren mageren Jahren endlich wieder Handlungsspielraum zu gewinnen und Maßnahmen anpacken zu können, die aufgrund der Haushaltssicherung zunächst nicht oder nur eingeschränkt umgesetzt werden konnten. Mit Ernüchterung müssen wir feststellen, dass es bei der Hoffnung bleiben wird. Ein Novum begleitete die diesjährigen Haushaltsberatungen: Noch nie waren kommunale Haushaltsberatungen von globalen Einflüssen so sehr geprägt wie in diesem Jahr.
Das Ausmaß, die Tragweite, die Bedeutung und die drohenden weiteren Konsequenzen aus der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sind uns allen nicht bekannt. Wir wissen nicht, was morgen sein wird, geschweige denn in 3 Monaten oder in einem Jahr! Ich behaupte, dass keiner von uns nur annähernd beurteilen kann, was hinter den Kulissen tatsächlich abläuft. Auch wenn die Kauflust des Einzelnen offenbar noch ungebrochen ist, spüren wir deutlich, dass die Wirtschaftskrise auch Kempen erreicht hat und wie ein Pilzgeflecht aufgrund weltweiter Vernetzungen auch hiesige Unternehmen trifft.
In den vergangenen Jahren haben wir spürbar erfahren müssen, wie sehr kommunale Haushalte von gesunden Unternehmen und der Zahlung der Gewerbesteuern abhängig sind.
Mit Sorge erwarten wir die im Mai fälligen nächsten Steuerschätzungen, die unseren jetzt mühsam aufgestellten Haushalt in Frage stellen können.
Arbeitskraft und Finanzkraft zu erhalten, sind die vordringlichsten Aufgaben, denen wir uns heute –auch auf kommunaler Ebene- zu stellen haben.
Wir begrüßen die Maßnahmen des Bundes, über Garantieerklärungen Sparguthaben der Bürger zu schützen und über Mittelzuweisungen im Konjunkturpaket II die Wirtschaft zu stützen.
Hier fallen uns aber keine Geldgeschenke in den Schoss, mit denen wir Wunschträume erfüllen können. Es ist vielmehr der verzweifelte Versuch des Bundes, alles zu tun, um zu vermeiden, dass die Lichter in den Unternehmen ausgehen. Das den Kommunen zugewiesene Geld ist kein erwirtschaftetes Geld, sondern das Produkt der Druckmaschinen bei der Bundesbank.
Mit den Mittelzuweisungen müssen wir daher sehr verantwortungsbewusst umgehen!
Dieses Geld in schon jetzt unvorstellbarer Summe ist „gepumptes“ Geld und von uns allen, unseren Kindern und Enkelkindern zurückzuzahlen.
Die von der Verwaltung vorgeschlagene und im Vorfeld mit der Politik erörtere Maßnahmenplanung zum Einsatz der Mittel aus dem Konjunkturpaket II unterstützen wir mit voller Überzeugung.
Uns ist wichtig, dass Maßnahmen zur Sicherung unserer Unternehmen und damit zur Sicherung der Arbeitsplätze möglichst kurzfristig und unbürokratisch umgesetzt werden. Uns ist weiterhin wichtig, dass diese Mittel über Auftragsvergaben möglichst breit gestreut werden. Und uns ist enorm wichtig, dass diese Mittel in Maßnahmen investiert werden, die nachhaltig wirken und in den nächsten Jahren zu spürbaren Kosteneinsparungen führen.
Diese Kosteneinsparungen brauchen wir, denn an der Rückzahlung des „gepumpten“ Geldes werden auch die Kommunen partizipieren müssen.
Der Maßnahmenkatalog trägt den Vorgaben in vollem Umfang Rechnung.
Mit der Erneuerung der Fenster und dem Austausch der Einfachverglasung an den Schulen und weiteren energetischen Maßnahmen werden wir nachhaltig unsere Energiekosten spürbar senken können und gleichzeitig einen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz leisten können.
Es steht für uns außer Frage, dass wir an diesen Maßnahmen auch dann festhalten werden, wenn die Kriterien für die Verwendung der konjunkturbedingten Fördermittel gelockert werden.
Neben diesen aus konjunkturbedingten Fördermitteln zu finanzierenden Maßnahmen bedarf es aus unserer Sicht weiterer flankierender eigener Maßnahmen, entsprechende Ansätze finden wir im Haushalt an unterschiedlichen Stellen. Beispielhaft nenne ich die Aufstockung der Mittel für den Kauf von Büchern und Medien für unsere Bücherei und die Aufstockung der Mittel für den Straßen- und Wegebau. Auch diese zusätzlichen Mittel tragen zur Belebung des kommunalen Handels und des Gewerbes bei.
Ich komme damit zum originären Haushalt der Stadt Kempen für das Jahr 2009:
Trotz der beträchtlichen Überschüsse aus dem letzten Jahr gibt es keinen Anlass zur Euphorie, im Gegenteil. Der erstmals nach den Richtlinien des Neuen Kommunalen Finanzmanagements aufgestellte Haushaltsentwurf 2009 führt zu einem nicht ausgeglichenen Ergebnishaushalt.
Die Tatsache, dass wir aus dem Überschuss des Jahres 2008 bereits mehr als 700.000,- EUR zum Ausgleich des laufenden Haushalts benötigen und in den nächsten 3 Jahren in erheblichen Umfang unsere liquiden Reserven angreifen müssen, zeigt, dass es keinen Anlass gibt, vom Sparkurs abzurücken.
Wir werden also auch künftig Prioritäten setzen müssen.
Fakt ist und bleibt auch, dass die Verschuldung unserer Stadt mit gut 50 Mio EUR vor gut einem Jahr zwar dank des außerordentlich guten Haushaltsabschlusses in 2008 und des konsequenten Sparwillens des Rates unserer Stadt auf 47 Mio EUR reduziert werden konnte, im Ergebnis aber immer noch zu hoch ist. Wir müssen in der Zielsetzung weiter runter von diesem Schuldenberg, auch wenn uns das kurzfristig wegen der eingangs geschilderten Problematik nicht gelingen wird.
Die einzelnen Haushaltsansätze in den jeweiligen Produktgruppen sind in den Fachausschüssen beraten und diskutiert worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen will ich mich auf einige wenige Änderungsanträge zum Haushalt beschränken.
Mehrere Anträge beziehen sich auf den Sportbereich und hier insbesondere auf die Schaffung von Kunstrasenplätze. Der Sport verdient nicht nur auf Grund der Größe der Mitgliederzahlen sondern insbesondere auch im Hinblick auf die in den Vereinen betriebene Jugendarbeit unsere große Aufmerksamkeit. Im Haushalt stehen Mittel für die Sportförderung in Höhe von 576.000.—EUR. Zusätzlich sieht der Haushalt Mittel im investiven Bereich für das kommende Jahr für die Erneuerung der Umkleide in Tönisberg in Höhe von 500.000.—EUR und noch in diesem Jahr weitere Mittel für die Sanierung der Umkleide an der Berliner Allee vor.
Alle diese Maßnahmen unterstützen wir mit großer Überzeugung.
Wir haben auch Verständnis für die Wünsche der SV Thomasstadt, den Tennenplatz in einen Kunstrasenplatz umzuwandeln, insbesondere nach dem langen und harten Winter, der den Tennenplatz für lange Zeiten unbespielbar machte.
Aber auch aus anderen Vereinen sind bereits Wünsche und Bedarfe an uns herangetragen worden. Feststeht, dass die Errichtung eines Kunstrasenplatzes mit rund mindestens 600.000.—EUR zzgl. Folgekosten zu Buche schlägt und in vollem Umfang aus unserem eigenen Haushalt zu schultern ist. Der jetzt zu beschließende Haushalt lässt keinen Spielraum mehr zu. Wir werben bei den Vereinen um Verständnis dafür, dass zunächst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht werden sollte, aus der Zustand, Alter und die zu erwartenden planmäßigen Erneuerungsarbeiten unserer Sportstätten ersichtlich sind. Genau diese Auflistung hat die CDU –wie auch andere Fraktionen dieses Rats- beantragt. Anhand dieser Aufstellung werden politische Entscheidungen zu treffen sein und Prioritäten zu erarbeiten sein. Der scheidende Rat wird keine Entscheidung mehr treffen. Aber nach unserem Willen gehört die Fortsetzung der Sportpolitik einschl. die wünschenswerte Schaffung eines Kunstrasenplatzes ebenso wie die Verlegung des Sportplatzes in St. Hubert von der Bahnstraße in das Sportzentrum an der Stendener Str. mit einem in diesem Zuge zu errichtenden Umkleidegebäude in das Vermächtnis und in das Hausaufgabenheft für den neuen Rat geschrieben.
Versuche, Haushaltsansätze im Sport- und Kulturbereich miteinander vergleichen zu wollen, weisen wir zurück. Wir stehen uneingeschränkt hinter dem Kulturprogramm unserer Stadt. Viele Veranstaltungen tragen sich finanziell selbst. Stadt, Handel und Gastronomie profitieren von den über Grenzen hinaus bekannten und geschätzten kulturellen Veranstaltungen Kempens.
Die von der CDU beantragte Einstellung von Planungskosten für die Neugestaltung des Eingangsbereichs des Kulturforums und damit verbundene Veränderungen im Innenbereich hat mit dem Kulturhaushalt nichts, allenfalls mittelbar etwas zu tun. Uns –wie auch den anderen Fraktionen- wurden Ideen für eine Neugestaltung vorgestellt, die sehr beeindruckend sind. Um sich aber näher mit den Ideen beschäftigen zu können bedarf es einer detaillierten Planung, die aus unserer Sicht umgehend in Angriff genommen werden sollte. Um auch hier noch einmal ein Missverständnis auszuräumen: Hier entsteht kein Prunkbau für einen elitären Kreis. Im Vordergrund stehen zwingend notwendige Baumaßnahmen aus Brandschutz- und Energieeinspargründen sowie die Erneuerung der veralteten Aufzugsanlage. Die Notwendigkeit, den Eingangsbereich angesichts der Baumaßnahme nach dem Abriss des alten Polizeigebäudes, neu zu gestalten, dürfte jedem einleuchten. Mit dem Vorziehen dieser Baumaßnahmen tragen wir im übrigen um ein weiteres zur Belebung unserer Wirtschaft und zur Stärkung unserer Unternehmen im Baugewerbe bei.
Das gilt auch –wie schon erwähnt- für den Straßen und Wegebau.
Wir tragen den Antrag der SPD, den Haushaltsansatz um 30.000.—EUR zu erhöhen mit und begrüßen, dass verwaltungsseits die Erhöhung über diesen Antrag hinaus auf 40.000.—EUR aufgestockt wurde und gleichzeitig eine Verteilung der zusätzlichen Mittel auf die Haushaltsstellen „Gemeindestraßen“ und „landwirtschaftlicher Wegebau“ vorgenommen wurde. Gerade letzterer hat unter dem harten Winter stark gelitten. Diese Wege werden nicht nur landwirtschaftlich genutzt, sondern sind auch Wege zu Anliegern und vielfach Wege für Radfahrer. Wir befürchten aber, dass die nunmehr insgesamt eingestellten Mittel nicht einmal ausreichen, um die größten Schäden zu beseitigen. Wir bitten daher die Verwaltung, demnächst eine Begehung vorzunehmen und dem Fachausschuss eine Bestandsaufnahme der Schäden und eine Kostenschätzung für die Behebung der Schäden vorzulegen.
In einem weiteren Antrag haben wir die Schaffung von zwei Stellen für einen kommunalen Ordnungsdienst beantragt. Auf den Antrag der CDU ist das Thema „Sicherheit“ im vergangenen Jahr im Fachausschuss erörtert worden. Auch wenn die polizeiliche Statistik keine Auffälligkeiten im Vergleich zu anderen Kommunen aufweist, nehmen wir die mehrfach an uns herangetragene Verunsicherung unserer Bürgerinnen und Bürger, auch wenn es nur eine „gefühlte“ ist, sehr ernst.
Wir wollen keine Sheriffs, diese Bezeichnung kommt nicht von uns, wir leben nicht im wilden Westen. Es ist auch nicht Aufgabe der neu einzustellenden Kräfte, Jugendliche zu verfolgen oder zu vertreiben.
Sheriffs und präventive Jugendsozialarbeit in einem Atemzug zu nennen und zu behaupten das eine schließe das andere aus, ist abenteuerlich, irreführend und aufs schärfste zurückzuweisen. Wir haben nie behauptet, dass ausschließlich auffällige Jugendliche Anlass zu einer gefühlten Verunsicherung geben. Tatsache ist aber, dass es aufgrund von Einzelaktionen eine Verunsicherung gibt. Und wenn es Jugendliche sind, die durch Störungen auffallen und zu Verängstigungen beitragen, dann muss es in unserem Land und in unserer Stadt auch mal erlaubt sein, auch Jugendlichen einmal deutlich zu sagen, wo Grenzen erreicht sind. Ein kommunaler Ordnungsdienst, der zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten in erkennbarer Uniform Kontrollgänge macht, kann das Risiko aufzufallen, erhöhen und damit Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten eindämmen und darüber hinaus bei den Bürgern ein Gefühl von „da ist jemand, der aufpasst“ oder „da ist jemand, den man ansprechen kann“ vermitteln. Sie sollen sensible Orte besonders in Augenschein nehmen, aber auch den „rasenden Radfahrer“ in der Fußgängerzone ansprechen dürfen.
Andere Gemeinden haben gute Erfahrungen gemacht. Die Sicherheit unserer Bürger ist das Geld wert, das für die Bereitstellung und Besetzung der von uns beantragten Stellen, in den Haushalt einzustellen ist. Wir verbinden zudem die Hoffnung, dass die neuen Kräfte gleichzeitig Mitglieder der Feuerwehr werden und damit die Tagespräsenz unserer Feuerwehr erhöhen.
Der Haushalt ist im Wesentlichen eine konsequente Fortschreibung vergangener Haushalte. Das gilt auch für die Familienpolitik, die nach den Zuwendungsbescheiden des Landes in der Betreuung der unter 3jährigen in diesem und dem nächsten Jahr einen deutlichen Schub bekommen wird. Kempen bleibt in der Zahl der angebotenen Kindertagesstättenplätze weiterhin Spitze, und das trotz der angespannten Haushaltslage in den vergangenen Jahren.
Auch Altenarbeit ist Teil der Familienpolitik. Wir freuen uns, dass es ab April auch einen Seniorentreff in Tönisberg geben wird. Die nächsten Schritte werden sich auf den Seniorenwohnungsbau und auf den stationären Pflegebereich, insbesondere in der Kurzzeitpflege, auch in den Ortsteilen, konzentrieren müssen.
Meine Damen und Herren, Kempen hat sich in den letzten Jahren auf allen Feldern trotz Haushaltssicherung weiterentwickelt. Der Rat hat dabei erfolgreich bewiesen, dass er in schwierigen Situationen bereit ist, Probleme gemeinsam anzupacken. Angesichts der vor uns liegenden noch viel größeren Probleme sollten wir an diesem Kurs festhalten. Die wohl noch lange nicht überwundene Wirtschaftskrise verlangt auch in den nächsten Jahren Verlässlichkeit und Geschlossenheit. Für Experimente und leere Versprechungen ist es die falsche Zeit. Wir haben –gemeinsam- die Kempener Haushaltskrise gemeistert und können auch die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Griff bekommen. Die CDU ist dem Wohle Kempens verpflichtet. Wir sind offen für Gespräche mit den anderen Fraktionen des Rates bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen zur Bewältigung der Auswirkungen der gegenwärtigen Krise.
Der Haushalt 2009 geht genau in die richtige Richtung und findet daher unsere volle Zustimmung. Dies gilt auch für den Stellenplan, den wir im nächsten Tagesordnungspunkt zu verabschieden haben.
Wir bedanken uns beim Kämmerer, Herrn Rübo und seinem Team für die Aufstellung des Haushalts 2009, der mit viel Zeitaufwand erstmals nach den Kriterien des Neuen Kommunalen Finanzmanagement aufzustellen war.