Niederberg 4 – Frage der Unterschutzstellung

Mrz 24, 2014

In der Frage der Unterschutzstellung der Schachtanlage Niederberg 4 in Tönisberg wurden im öffentlichen und politischen Raum eine Fülle von Argumenten und Standpunkten diskutiert.

Im Bau- und Denkmalausschuss als zuständigen Fachausschuss war bei der Entscheidung der Unterschutzstellung letztlich die Frage und Abwägung des Denkmalwerts vorzunehmen, denn die Entwicklung einer Nachfolgenutzung und Finanzierung muss im Eintragungsverfahren nur nachrangig bzw. nachfolgend in einem zweiten Schritt betrachtet werden.

Deshalb haben wir uns in der Ausschusssitzung intensiv mit dem vorgelegten Gutachten des Amtes für Denkmalpflege im Rheinland auseinandergesetzt und sind dabei zu folgenden Einschätzungen gelangt:

  • bei der sachlichen Bewertung ist gemäß Denkmalschutzgesetz das öffentliche Interesse der entscheidende Bewertungsmaßstab
  • die zeittypische Architektur ist in seinen Ausprägungen sicherlich in Teilen differenziert in Tönisberg zu sehen, stellt aber mit einer lediglichen Weiterentwicklung der Fördergerüstform kein besonderes Alleinstellungmerkmal durch die Vielzahl erhaltener und ähnlicher Türme an anderen Standorten dar
  • die besondere Bauweise findet sicherlich kein öffentliches Interesse, sondern stößt nur auf ein fachlich interessiertes Interesse von Industriebau-Technikern. Dieses sehr eingeschränkte, rein fachliche Interesse kann unseres Erachtens nicht den Erhalt des Förderturms nebst angrenzenden Gebäuden begründen
  • die besondere Bauweise sollte in einer Dokumentation umfassend dargestellt und für „für die Nachwelt“ in Bild und Wort festgehalten werden
  • der nur rund 10jährige Betrieb lediglich als Außenschachtanlage nach Fertigstellung 1962 und Inbetriebnahme bis zur Einstellung der Seilfahrt 1971 stellt für Tönisberg keine epochale Bedeutung dar
  • auch als Bedeutungsaspekt für die Geschichte des Menschen sehen wir hier keine annähernde Begründung. Für den Steinkohlebergbau in der Gesamtschau hatte der Schacht Niederberg 4 als „Außenanlage“ nur eine untergeordnete Funktion und war somit kein wesentlicher Bestandteil des Bergbaus
  • die Vermittlung von Produktionsabläufen im Bergbau ist durch zahlreiche exemplarische Denkmäler, Museen und Ausstellungen hinreichend beschrieben, insbesondere in dem Lebensraum, für den der Bergbau von wesentlicher und prägender Bedeutung war
  • die Markierung des westlichsten Schachtes sehen wir nicht als relevantes Argument an. Tönisberg ist ländlich und nicht vom Bergbau geprägt. Die bergbauorientierten ursprünglichen Planungen wurden nur zu einem Bruchteil verwirklicht. Der Standort Tönisberg hatte nur eine geringe Bedeutung für die Geschichte des Bergbaus. Außerdem definiert sich Tönisberg nicht als Markierung der westlichen Grenze des Ruhrgebiets

Deshalb haben wir im Ausschuss keine Unterschutzstellung befürwortet, die letztlich mit einer deutlichen Zweidrittelmehrheit abgelehnt wurde und die es demokratisch zu akzeptieren gilt.

Es wurden in der Öffentlichkeit weitere Punkte diskutiert, auf die wir aber wegen der im Ausschuss erforderlichen Würdigung allein des Denkmalwerts nicht eingegangen sind.

Diese Punkte wollen wir der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen:

  • drohender Verlust von über 30 Arbeitsplätzen vor Ort einschließlich dem Verlust von Gewerbesteuerzahlungen durch den angekündigten Weggang der Fa. Naue im Fall einer Unterschutzstellung
  • fehlende konkrete Interessenten oder Investoren, die sich nicht nachhaltig und belastbar bei der RAG oder der Stadt in all den Jahren nach Ende der Nutzung gemeldet haben
  • die Ablehnung der RAG für die Erhaltung als Industriedenkmal und die Überzeugung, dass es sich bei den Gebäuden um kein Baudenkmal handelt
  • mögliche finanzielle Folgelasten, die ohnehin nicht konkret bewertbar vorliegen und benannt werden können
  • die Unklarheit, welche Nutzung durch die Bevölkerung in Tönisberg durch zunehmenden Verkehr und Lärm akzeptiert wird
  • die von Prof. Dr. Buschmann selbst eingeräumte lange Entwicklungszeit für eine Nutzung, bei der er heute von einer Dauer von zehn Jahren ausgeht
  • die landesplanerischen Vorgaben auf Grundlage des Bergrechts nur eine bergbaurechtliche Nutzung dort zulassen, aber Folgenutzungen für Freizeit, Tourismus, Kultur und Events keine landesplanerische Grundlage besitzen.